Einfälle Nr. 168-169 | 4. Quartal 2023/1. Quartal 2024

Liebe Leserinnen und Leser – liebe Freunde und Förderer,

im Editorial der einfälle 167 habe ich mir gewünscht, dass wir uns auf unsere gemeinsamen Werte und darauf besinnen sollten, was unsere Gesellschaft zusammenhält – zum Beispiel Toleranz und Akzeptanz aller Menschen in ihrem So-Sein unabhängig von ihrer Religion und Weltanschauung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung und ihrem Gesundheitszustand (steht ja auch so in unserem Grundgesetz). Natürlich gehört auch die Presse- und Meinungsfreiheit dazu (wozu auch das Recht der Kritik und Gegenrede gehört) und die Verpflichtung, diejenigen zu unterstützen, die unserer Hilfe bedürfen – und ein paar andere Dinge mehr. Diese eher universellen Werte werden von vielen westlichen Gesellschaften geteilt, und das ist gut so.

Wenn aber, wie im neuen Grundsatzprogramm der CDU, diese Werte als Bestandteile einer deutschen „Leitkultur“ beschrieben werden – ergänzt um das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, die Kenntnis der deutschen Geschichte und die Anerkennung des Existenzrecht Israels – und das Ganze dann Voraussetzung sein soll, um sich in Deutschland zu integrieren und deutscher Staatsbürger zu werden, läuft irgendwas falsch.

Was soll das eigentlich sein, die deutsche „Leitkultur“? Als Beispiele werden von der CDU immer das Ehrenamt und die Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel genannt. Das ist sicherlich zu begrüßen – hat aber eigentlich mit Kultur weniger zu tun. Wenn in diesem Zusammenhang von „unseren Traditionen und Bräuchen“ die Rede ist, ist mir zumindest nicht klar, was damit gemeint ist. Karneval? Das können die Brasilianer mindestens genauso gut. Weihnachten, Ostern, Halloween? Gerade letzteres ist auch nicht typisch deutsch. Oktoberfest? Ob Massenbesäufnisse incl. dadurch bedingtes Begrapschen von Frauen ein erstrebenswerter Brauch ist? Bürokratie? Das ist sicherlich typisch Deutsch – aber erstrebenswert?

Belassen wir es doch einfach bei dem, was der Duden als „Kultur“ beschreibt: „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung“ – also all dessen, was Menschen, die in unserem Lande leben, so zustande bringen, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft, ihren Überzeugungen, ihres gesundheitlichen Zustandes. Dann wird schnell klar, worum es eigentlich gehen sollte: Um die Entwicklung nach vorne, um das Erkunden neuer Möglichkeiten, um neue Sichtweisen und Erkenntnisse – und nicht um (ausgrenzende) Besinnung auf Traditionen und Bräuche, die viele sowieso nicht kennen.

Es geht also um Selbsthilfe im besten Sinne: Um das Erkunden neuer „Möglichkeitsräume“, wie es der Psychologe Wolfgang Stark einmal genannt hat; um den Austausch von Erfahrungen; um das voneinander lernen; um gegenseitige Hilfe und Unterstützung, um Empowerment. Das ist es, was uns stark macht und weiterbringt – und zwar weltweit und nicht nur in Deutschland.

Das dazu. Was die einfälle betrifft, bekommen wir unterschiedliche Rückmeldungen. Einige finden sie sehr gut und informativ, andere finden die Beiträge zu schwer verständlich und die Zeitschrift alles in allem zu ernst. Wir nehmen diese Kritik ernst und so gibt es jetzt zum Beispiel in jedem Heft die „bunten Seiten“ mit einem Rätsel, Zitaten, kurzen Gedichten, wahren und aufbauenden Annekdoten etc. Wer dazu etwas beitragen möchte, ist herzlich eingeladen. Auch selbst geschriebene Gedichte oder künstlerische Beiträge sind uns immer willkommen. Es wäre schön, wenn es uns mit eurer/ihrer Hilfe gelingen würde, die Hefte etwas aufzulockern.

Was die Verständlichkeit der Beiträge betrifft: Wir wollen versuchen, zukünftig einen Mittelweg zu gehen, indem wir die wesentlichen Aussagen der Beiträge kurz, prägnant und leicht verständlich in einer Infobox zu dem jeweiligen Artikel zusammenfassen. Damit wollen wir nach und nach in den kommenden Heften beginnen. Mal sehen, ob uns das gelingt und wie wir das zeitlich hinbekommen.

Abschließend eine Trigger-Warnung für unsere Leserinnen und Leser aus Bayern und Sachsen: Die Beiträge in den einfällen sind überwiegend gegendert – das geht auch ohne viele Sternchen, Striche und Doppelpunkte. Vorsicht also, wenn einfälle in sächsischen oder bayrischen Schulen oder öffentlichen Einrichtungen ausgelegt werden!

Obwohl wir eine in Deutschland teilweise verbotene Sprache verwenden und damit bewusst gegen die „Leitkultur“ verstoßen, wünsche ich allen unseren Leserinnen und Lesern einen schönen Start in den Frühling.

In diesem Sinne,

Euer/Ihr

Norbert van Kampen

Inhaltsverzeichnis

Seite teilen: